Neue Seiten zu Weihnachten

Sehr viele Annehmlichkeiten hatte dieses zu Ende gehende Jahr nicht zu bieten: Urlaubsreisen, Restaurantbesuche, Kino, Theater, Kulturveranstaltungen mussten weitgehend aus unseren Kalendern gestrichen werden. Einzig den Leseratten konnte und kann Corona wenig anhaben – denn Bücher gehen immer, und in diesen entschleunigten Zeiten vielleicht sogar noch mehr als vorher. Für alle Literaturfreundinnen und –freunde ist die Frage nach geeigneten Weihnachtsgeschenken daher einmal mehr leicht zu beantworten – je höher der Bücherstapel, desto leuchtender die Augen! Eine kleine Auswahl an Lektüren für den Gabentisch hat Rita Mielke zusammengestellt. Für alle, …

…die gern genussvoll schmökern

George Eliot: Middelmarch.
Die perfekte Lektüre für lange Advents- und Weihnachtstage: „Middelmarch“ gilt – zu Recht - als Höhepunkt der englischen Romankunst im 19. Jahrhundert. Der Roman lädt ein zu einer ebenso klugen wie unterhaltsamen Reise in das viktorianische England, wo die Landadelige Dorothea Brooke und der junge Arzt Tertius Lydgate mit ihren ambitionierten Träumen an der gesellschaftlichen Enge und der geistigen Beschränktheit ihrer Umgebung zu scheitern drohen. Die kleine Welt von Middlemarch wird zur Bühne für die großen Fragen der Zeit - Medizin, Naturwissenschaften, Religion, Emanzipation: George Eliot erzählt mit feinsinnigem Humor und subtiler Beobachtungsgabe. Der Roman avancierte im 19. Jahrhundert zum Bestseller und machte seine Verfasserin(!) reich: Denn hinter dem männlichen Pseudonym verbarg sich eine Frau – Mary Ann Evans!

…die Krimis mit Atmosphäre lieben

Alex Lépic: Lacroix und die stille Nacht von Montmartre
Ein bisschen fad ist es Kommissar Lacroix schon, denn in Paris kurz vor Weihnachten gibt es keinen einzigen echten Fall zu lösen. Selbst die verzauberte Stimmung in der Stadt, in der – seit fünfzig Jahren zum ersten Mal – alles weiß verschneit ist, kann darüber nicht hinwegtrösten. Wie praktisch, dass er da seiner „verschnupften“ Kollegin Rose Violet unter die Arme greifen kann, die rund um Montmartre seltsame Vorgänge eines offensichtlichen Weihnachtshassers verfolgt, der heimlich Straßenbeleuchtungen klaut und Tannenbäume fällt… Der dritte Fall für Kommissar Lacroix lässt seine LeserInnen eintauchen in eine wohlig weiße Wohlfühl-Wolke: Weiße Weihnachten, zudem in Paris, dazu dieser sympathische Kommissar, der nichts so liebt wie seine Frau, einen guten Roten und eine traditionelle Mahlzeit: Die Mischung ist perfekt für eine winterliche Sehnsuchtsreise, nach Paris, in den Schnee, in stimmungsvolles Weihnachtsfeeling!

…die Geschenke lieben

Susanne Kippenberger: Die Kunst der Großzügigkeit.
„Schenken ist Einkaufen mit gutem Gewissen“: So lautet einer von ganz vielen wundervollen Sätzen in diesem wunderbaren Buch, das nicht nur zu, sondern auch vor Weihnachten eine großartige Lektüre schenkt – lässt es uns doch von vielen spannenden Seiten auf das Thema ‚Geschenke‘ und ‚Schenken‘ schauen: Warum sind Geschenke emotional so hoch besetzt? Was löst ein Geschenk im Beschenkten aus – und was im Schenkenden? Braucht es ein großes Herz, um gebefreudig zu sein – oder vielleicht mehr noch die Einsicht, dass man sich selbst beschenkt, wenn man mit weitem Herzen an andere gibt? Susanne Kippenberger dreht und wendet ihr Thema und bringt es immer wieder überraschend, humorvoll, zuweilen anrührend zum Leuchten.

…die gern in Kleiderschrank-Erinnerungen schwelgen

Elke Heidenreich: Männer in Kamelhaarmänteln.
Elke Heidenreich ist eine Meisterin der kurzen Form. Das beweist sie einmal mehr in ihrem neuen Buch, in dem sie Geschichten von Kleidungsstücken erzählt, geliebten und weniger geliebten, passenden, unpassenden, bedeutungsvollen und politisch aussagekräftigen. Selbstironisch erinnert sie sich an das belauschte Gespräch zweier „Damen“ auf der Toilette: Sie, die Heidenreich, sei ja „gescheit“, aber „fesch“ sei sie nicht. Vielleicht gerade deshalb, weil ihr Umgang mit Kleidung weniger an Moden, denn an ganz persönlichen Vorlieben, textilen Erinnerungen, kluger Trendverweigerung ausgerichtet ist, lesen sich die Geschichten so eindringlich, so heiter, so anrührend – und so zwingend, was das Eintauchen in den eigenen Kleiderschrank der Mode-Erinnerungen anbelangt!