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Mehr als ein Jahr lang hat Corona (fast) alle Kultur „auf Eis“ gelegt – gottlob aber nicht das Lesen, das uns und Ihnen sicher manche Stunde in der Krise versüßt hat. Wo wären wir nur geblieben, wenn wir uns nicht mit tollen Büchern hätten trösten können!
Jetzt ist es angebracht, einen ebenso vorsichtigen wie hoffnungsfrohen Blick nach vorn und zurück zu werfen. Wir würden daher gern von Ihnen wissen: Welches Buch hat Sie in besonderer Weise durch die Corona-Zeit begleitet? Welches Buch war so spannend, so interessant, so anregend, dass sie darüber die Krise für Stunden oder Tage vergessen haben?
Schicken Sie uns IHREN Buchtipp gegen den Corona-Blues, gern mit einer kurzen Erklärung, was dieses Buch für Sie so besonders macht.
In der nächsten IN-Ausgabe werden wir Ihre Buchempfehlungen vorstellen, als Anregung für viele andere Leserinnen und Leser und vielleicht als Lektüreempfehlung für Ferienzeiten ohne Corona!
Wir freuen uns sehr auf Ihre Buchempfehlungen. Bitte schicken Sie sie per Mail – Stichwort: „IN – Buchtipp“ – an Rita Mielke unter:
in.medium@t-online.de, Einsendeschluss ist der 20. Juni 2021.
Und um Ihnen die Zeit bis dahin noch ein bisschen mit Lektüre zu versüßen, hier einige Empfehlungen aus den aktuellen Programmen, zusammengestellt von Rita Mielke.
Berlin: Rowohlt. 2021. 352 S., 22,00 €
Der titelgebende Ort in der Eifel ist Schauplatz dieses Romans, der ein historisches Ereignis aus dem Jahr 1962 aufgreift: Damals brachte der Monteur einer Monschauer Firma aus Indien die Pocken mit, hochansteckend und lebensbedrohlich. Was tun? Quarantäne scheint unvermeidlich – und kommt doch so ungelegen. Denn zum einen ist Karneval, zum andern sind die Rither-Werke international ganz groß im Geschäft, und Stillstand wäre fatal. In dieser Situation lernen wir Kopetzkys Protagonisten kennen, den Firmenchef, der über Leichen gehen würde, um den Betrieb am Laufen zu halten; den Düsseldorfer Mediziner Stüttgen und seinen jungen griechischen Kollegen Nikos Spyridakios, der kurzerhand zum Betriebsarzt ernannt wird und nun Patientin in der tief verschneiten Eifel besuchen muss; und Vera, Vollwaise und Alleinerbin der Rither-Werke, in Paris lebend und den Aufbruchsgeist der Avantgarde nach Monschau tragend. Kopetzky erzählt Zeitgeschichte so spannend wie einen Abenteuerroman, würzt das Ganze mit einer originellen Liebesgeschichte und nutzt den historischen Fall als Brennglas für die aktuelle Pandemie: Es geht keineswegs nur um die Bekämpfung einer Pandemie, es geht auch um unterschiedliche Interessen, die zu kennen durchaus heilsam sein kann.
Berlin: Classen. 2021. 480 S., 24,00 €
Spurensuche in der eigenen Familienhistorie: Das hat gerade Hochkonjunktur. Aber Katharina Döblers Familiengeschichte ist außerordentlich – und ihr Roman nicht minder: Denn sie erzählt darin ein Stück eher unbekannter deutscher Kolonialgeschichte – und die Rolle, die deutsche Missionare dabei gespielt haben. Es geht um das Kaiser-Wilhelms-Land, deutsche Kolonie auf Papua-Neuguinea, das die Neuendettelsauer Diakonie zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Missionsfeld zur Bekehrung dunkelhäutiger „Heiden“ erkoren hat. Anhand von vier Lebensläufen, die der beiden Großväter und ihrer Ehefrauen, erzählt die Autorin hoch spannende Zeitgeschichte – denn die vier reisten einst vom frommen Bayern in die ferne Südsee, mi viel Naivität, einem reinen Glauben an die Überlegenheit christlicher Religion und weißer Zivilisation und mit einem klaren Rollenbild für Männer und Frauen. Der Roman, der 1913 beginnt und 1948 endet, bietet eindrucksvoll gezeichnete Figuren, viel Lokalkolorit und jede Menge historischen Hintergrund. Nicht nur im Kontext der aktuellen Diskussionen über Rassismus und Kolonialismus eine überaus anregende, ausgesprochen gut verpackte Lektüre.
Matthes & Seitz. 2020. 228 S., 22,00 €
Blumen und Kinder: Das waren die Lebensthemen der Hamburger Reformpädagogin Alma de l’Aigle. Ihr besonderes Augenmerk galt der Sonderpädagogik für Lernbehinderte. Der Deutsche Kinderschutzbund wurde von ihr mitbegründet. So leidenschaftlich wie die Liebe zu Kindern war die zu Gärten. Der 8.000 Quadratmeter große Garten, den der Vater angelegt hatte, prägte ihre Kindheit – und ihr weiteres Leben. Von dieser Kindheit erzählt sie in dem Buch „Ein Garten“, das der Matthes & Seitz-Verlag in seiner schönen „Naturkunden“-Reihe neu verlegt hat. Wer mit seinem Garten lebt, der folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten besonders intensiv. Der Ziergarten braucht das ästhetische Auge, der Nutzgarten die umsichtig planende und agierende Gärtnerin. Es gibt viel zu lernen in diesem Buch, Gartenwissen, aber auch Vorratshaltung und Küchentipps gehören dazu. Alma de l’Aigle findet für all das eine Sprache, die auf einzigartige Weise das eigene Gemüt zur Ruhe kommen und den Wunsch nach einem Leben im Einklang mit einem Garten – vielleicht auch im vorgerückten Lebensalter – groß werden lässt.
Zürich: Diogenes. 250 S., 22,00 €
Lust auf einen Ausflug an den Laacher See? Und ins Kloster Maria Laach? An der Seite von Moritz Hegers Protagonist Lukas, seit 16 Jahren Benediktiner im traditionsreichen Kloster, lernen wir als LeserInnen gleichsam eine Innensicht des Klosterlebens kennen, das vorwiegend von betagten Mönchen geprägt wird, aber auch des jungen Mönchs Lukas, der eine Art Midlifekrise erlebt, aus der er sich bei seinen täglichen Schwimmrunden im Laacher See zu befreien versucht. Die greisen Mitbrüder wünschen sich Lukas als künftigen Leiter der Klostergemeinschaft. Aber will und kann er das? Dass sein Freund Andreas aus dem Kloster ausgetreten ist und eine Familie gegründet hat, stürzt auch Lukas in ernste Zweifel. Und dann begegnet ihm auch noch Sarah, eine junge Frau, die den Mönch und Mann herausfordert… Moritz Heger hat einen sehr besonderen Roman geschrieben mit einem heute eher ungewöhnlichen Protagonisten, einer eindringlichen Sprache im Stil eines fortgesetzten inneren Monologs – und einer stimmungsvollen Szenerie, die wieder einmal zu besuchen man sich nach der Lektüre unbedingt wünscht.