Setzen sich Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben des Längstlebenden ein, wird häufig eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel vereinbart. Danach verliert ein Schlusserbe seinen Erbanspruch nach dem Längstlebenden, wenn er schon nach dem Tod des Erstverstobenen seinen Pflichtteil fordert. Er erhält dann auch nach dem Tod des Längstlebenden nur seinen Pflichtteil. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat nun entschieden: Eine solche Pflichtteilsstrafklausel ist nicht bereits erfüllt, wenn der Schlusserbe nach dem Tod des Erstversterbenden eine Korrektur des ihm vorgelegten Nachlassverzeichnisses fordert. Die Pflichtteilsstrafklausel sei erst dann erfüllt, wenn der Pflichtteil gefordert würde.
Auch wenn das Einfordern des Nachlassverzeichnisses und die hieran geübte Kritik zu einer Belastung der überlebenden Ehegattin geführt habe, sei darin allein noch kein Fordern des Pflichtteils zu sehen. Dies sei zunächst nur das Verlangen einer Auskunft über den Wert des Nachlasses. Auf eine solche Auskunft sei der Pflichtteilsberechtigte angewiesen, um eine für ihn sinnvolle Entscheidung treffen zu können.
Tipp: Eheleute, die bereits den überlebenden Ehegatten vor einem Auskunftsverlangen der Schlusserben schützen wollten, müssten dies im Testament deutlich zum Ausdruck bringen.
Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 1.2.2022, 21 W 182/21
Ralf Frommen · Rechtsanwalt · Drususallee 84 · 41460 Neuss · Tel. 02131.277123