Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat entschieden, wann ein Widerspruch vorliegt, durch den ein älteres Testament ganz oder
teilweise aufgehoben wird. Die Erblasserin verstarb ledig und kinderlos. Sie hatte zwei Geschwister: eine Schwester und einen Bruder, die beide vorverstorben sind. Insgesamt hinterließ die Erblasserin vier handschriftlich verfasste Testamente.
Im ersten Testament vom 3.4.2007 setzte sie ihre Schwester als Alleinerbin und ihren Bruder als Ersatzerben ein. Im Testament vom 26.4.2009 setzte sie erneut ihre Schwester als Alleinerbin ein. Im Testament vom 18.10.2009 setzte sie erneut ihre Schwester als Alleinerbin ein. Weiter heißt es in dem Testament: „Für den Fall, dass meine Schwester verstorben ist, setze ich zur Nacherbin meine Großnichte ein.“ Schließlich testierte sie am 27.4.2016 erneut und setzte wiederum ihre Schwester als Alleinerbin ein. In diesem Testament wurde die Großnichte nicht mehr erwähnt.
Die Großnichte beantragte einen Alleinerbschein. Dem traten die Kinder des vorverstorbenen Bruders entgegen. Das Nachlassgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Erblasserin habe mit ihrer letzten Verfügung von Todes wegen die vorangegangenen Testamente aufgehoben. Die Großnichte legte dagegen Beschwerde ein. Diese hat das OLG Düsseldorf zurückgewiesen.
Die Großnichte könnte ihre Alleinerbenstellung allein aus dem Testament vom 18.10.2009 herleiten. Diese Stellung sei indes von der Erblasserin vollständig aufgehoben worden, als sie am 27.4.2016 ein neues Testament errichtet habe, in dem die Großnichte nicht mehr als Ersatzerbin berufen sei, so das OLG.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 2258 Abs. 1 BGB) werde durch die Errichtung eines Testaments ein früheres Testament insoweit aufgehoben, als dass das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch stehe. Ein derartiger Widerspruch liege hier vor, da die Erblasserin mit dem späteren Testament ihre Erbfolge insgesamt, nämlich abschließend und umfassend (ausschließlich) habe neu regeln wollen.
Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2023, I-3 Wx 189/23
Ralf Frommen · Rechtsanwalt · Drususallee 84 · 41460 Neuss · Tel. 02131.277123