Ob der Sommer noch sommerliche Qualitäten entwickelt, bleibt abzuwarten. Unbezweifelbar allerdings sind die literarischen Qualitäten, mit denen die kommenden Sommerwochen in Korschenbroich aufwarten können.
Gleich mit zwei Veranstaltungen ist der Korschenbroich liest e.V. am Programm des diesjährigen „Literarischen Sommers“ beteiligt, der zum
25. Mal am gesamten Niederrhein und in den angrenzenden Niederlanden ein opulentes deutsch-niederländisches Lesungsprogramm bereithält.
Zwei weitere Korschenbroich-liest-Lesungen komplettieren das hiesige Sommerangebot und bieten für alle Literaturinteressierten die Möglichkeit, sich hörend und lesend in vergangene Welten und ebenso spannende gegenwärtige Zeiten entführen zu lassen.
Do. 11. Juli, 19.30 Uhr | Kulturbahnhof,
Korschenbroich, Am Bahnhof 2 | Eintritt 10€
Die Leo-Wechsler-Krimis der Mönchengladbacher Autorin haben längst Kultstatus. Angesiedelt im Berlin der späten 1920er Jahre, liefert sie spannend erzählte Kriminalfälle. Im vorliegenden Fall geht es um ein besonders heikles Thema: die medizinische Praxis jener Zeit und die höchst dubiosen und geradezu ungeheuerlichen Behandlungsmethoden von (jungen) Frauen. Ohne Frage einer der stärksten Krimis innerhalb der Erfolgsreihe – und eine große Herausforderung für Leo Wechsler: Denn bei dem in einer Grünanlage am Ufer des Gewässers Blanke Hölle aufgefundene Toten handelt es sich um Dr. Ferdinand Clasen, der in der Nähe in einem Haus wohnte, das im Volksmund Spukvilla genannt wird. Es finden sich Hinweise darauf, dass Dr. Clasen sehr freigiebig mit der Verordnung von Medikamenten umging, solange sein Honorar stimmte. Eine weitere Spur führt zum Kloster vom Guten Hirten im benachbarten Marienfelde, das ein Erziehungsheim für Mädchen unterhält. Clasen hatte dort einen Kollegen bei der ärztlichen Versorgung unterstützt. Gerade ist dort eine junge Frau verschwunden, die von ihm behandelt werden sollte…
Sa, 20. Juli, 16.30 Uhr
Alte Schule, Steinstraße | Eintritt 10€
Im großen Kant-Jubiläumsjahr liefert dieser Roman einen erfrischend lebendigen, augenzwinkernden Blick auf den großen Philosophen: Als der ehemalige Soldat Martin Lampe in den Dienst des jungen Philosophen Immanuel Kant tritt, beginnt ein Kampf zwischen Herr und Knecht. Lampe entwickelt eine eigenwillige Form des subtilen Widerstands: Nach außen gibt er den Trottel, doch in Wirklichkeit versucht er den Meisterphilosophen vorzuführen und treibt ihn so allmählich in den Wahnsinn. Schon bald werden der Diener und sein Herr zu einem skurrilen, stadtbekannten Paar. Doch auch Kants Freund Ehregott Wasianski hat Pläne und will die Gefahr einer Verheiratung Kants abwehren, denn diese würde das Ende der genialischen Arbeit des Philosophen bedeuten.
Do, 15. August, 19.30 Uhr
Pfarrzentrum St. Andreas | Eintritt 10€
Anna Enquist, 1945 in Amsterdam geboren, ist eine der wichtigsten niederländischen Autorinnen der Gegenwart. Als Psychoanalytikerin und Pianistin hat sie ebenso Karriere gemacht wie mit ihren Romanen. Unvergessen etwa der Roman „Letzte Reise“, in dem sie das Leben des berühmten Kapitäns James Cook aus der Perspektive seiner Frau Elizabeth erzähl oder „Der Kontrapunkt“, in dem sie das Schicksal ihrer eigenen, bei einem Fahrradunfall zu Tode gekommenen Tochter verarbeitet.
In ihrem aktuellen Roman „Die Seilspringerin“ rückt Anna Enquist eine Komponistin ins Zentrum, Alice, die auf der Höhe ihres Schaffens ist. Vom Königlichen Symphonieorchester in Amsterdam erhält sie den Auftrag, anlässlich des hundertjährigen Jubiläums ein Stück zu komponieren. Dass sie im Alltag ihr Geld mit dem Schreiben platter Werbemelodien verdient, weiß dank Pseudonym niemand, dennoch hinterlässt dieser Umstand tiefe Kratzer in ihrem Selbstbild. Neben der Arbeit an dem Stück, dass vielleicht ihr Opus Magnum wird, drängt sich ein weiterer Punkt in den Vordergrund: Alice wird bald vierzig, und der Wunsch, Mutter zu werden, mit jedem Tag lauter. Doch die Sorge, dass ihre Musik unter einem Kind leiden könnte, lässt sie nicht los.
"Die Seilspringerin" ist ein Roman über Kunst und Liebe, Kreativität und Mutterschaft - und über die Musik Joseph Haydns, den die Musikerin Anna Enquist ganz besonders liebt.
Do, 29. August, 19.30 Uhr
Pfarrzentrum St. Andreas | Eintritt 10€
Ein „Niederrheinkrimi“ der besonderen Art steht an diesem Abend auf dem Programm. Dessen Verfasser, Gregor Maria Hoff, ist in M'gladbach geboren und am Niederrhein aufgewachsen. Als Fundamentaltheologe arbeitet er im Hauptberuf an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg, ist Berater der Deutschen Bischofskonferenz und Autor für die „ZEIT“: Bereits die Vorstellung seines ersten Niederrheinkrimis 2022 in Korschenbroich stieß auf große Resonanz. Jetzt ist ein zweiter Roman erschienen, und er spielt erneut in der kleinen niederrheinischen Gemeinde Dornbusch, die in Teilen bereits von den Baggern des nahenden Braunkohletagebaus verschluckt wurde. Immer mehr Bewohner sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Dorthin zurückgekehrt ist allerdings der pensionierte Kommissar Barth. Als er frühmorgens eine Runde durch den Ort dreht, stößt er auf den alten Bauern Haverkamp, der an einem Strick an der alten Eiche baumelt. Auch dessen Hof soll dem Tagebau weichen. War es Suizid aus Verzweiflung? Aber wie kam der alte Mann alleine auf den Baum? Und warum stehen seine Schuhe und Socken auf dem Boden? Der Spürsinn des alternden Kommissars ist geweckt. Als kurz darauf ein weiterer Toter erhängt aufgefunden wird, steht für Barth fest, dass er in der alten Heimat einen letzten Fall zu lösen hat.
Gregor Hoffs Romane haben einen eigenen, unverwechselbaren Ton, der Tiefgründigkeit mit Humor paart und dank eindringlicher Figuren, Dialoge und Niederrhein-Beschreibungen bis zum überraschenden Ende packend bleibt.
Karten zu allen Veranstaltungen sind in der Buchhandlung Barbers erhältlich - Tel. 02161.99 99 849